
Was sind Xenobots? Unsere Definition
Sie sind kleiner als ein Millimeter und im Grunde nur ein Haufen Zellen: Die Xenobots. Wissenschaftlern der University of Vermont und der Tufts University gelang es bereits Anfang 2020 mithilfe von Stammzellen des glatten Krallenfroschs (lat.: Xenopus laevis) kleine, aus organischem Material bestehende Roboter herzustellen. Anhand der Kombination aus aktiven und passiven Zellen und einer per Computer berechneten Form lassen sie sich für unterschiedliche Einsatzzwecke konstruieren. Nun ließ sich von der Forschergruppe rund um Sam Kriegman und Douglas Blackiston ein neuer bahnbrechender Fund machen: Xenobots sind auch in der Lage, sich selbst zu reproduzieren.
Die Entstehung eines künstlichen Organismus
Xenobots bestehen aus einer Kombination von Haut- und Herzmuskelzellen. Während die Hautzellen zur Ausbildung der Körperform dienen, sind die Herzmuskeln für die Fortbewegung zuständig: Mit ihrer Eigenschaft der fortlaufenden Kontraktion lassen sich die Xenobots so in Gang setzen und sich bewegen sich selbständig. Wie die organischen Roboter funktionieren, wie sie quasi programmiert sind, ergibt sich aus ihrer Form und der Verteilung der zwei Zellarten: Je nach Art des Einsatzes berechnet ein Computer mithilfe künstlicher Intelligenz die benötigte Form und die darin positionierten Zellen. Um einen Xenobot zu erstellen werden die Zellen zunächst im Inkubator miteinander kombiniert und kleben sich ihrer Natur nach im Laufe von ein paar Tagen aneinander. Die Form wird dann per Hand, mit winzigen Pinzetten und Elektroden, ausgearbeitet.
Neben den kontraktilen Zellen des Herzmuskels lassen sich Xenobots auch mit Zilien ausstatten: Dies sind feine, haarartige Ausstülpungen an der Zellhülle. Sie dienen einerseits der Fortbewegung – so kann ein Xenobot auch schwimmen – andererseits können damit Signale aus der Umwelt wahrgenommen werden. So konnte bereits erreicht werden, dass die Organismen ihre Farbe änderten, als sie blauem Licht ausgesetzt wurden.
Die für ihre Bewegungen benötigte Energie ziehen die Xenobots übrigens aus dem Fett und den Proteinen ihrer eigenen Zellen. Ist diese aufgebraucht, stellen sie ihre Tätigkeit ein und sterben ab. Diese toten Zellen sind dann biologisch abbaubar und könnten, im Hinblick auf einen medizinischen Einsatz, vom menschlichen Organismus absorbiert werden. Ihre Energie reicht derzeit für circa eine Woche, wobei zilien-gesteuerte Xenobots länger aktiv sind als die muskelgesteuerten Ausführungen.
Selbstheilung und Vervielfältigung
Ein Merkmal der Xenobots ist ihre Fähigkeit zur Selbstheilung: Schneidet man ihre Form an, so kleben sich die Schnittstellen eigenständig zusammen. Neueste Forschungsergebnisse bescheinigen ihnen nun auch noch die Fähigkeit, sich selbst zu reproduzieren. In einem Experiment wurden embryonale Stammzellen des Froschs in eine Salzlösung gegeben, woraufhin sich diese zunächst in kleine kugelförmige Cluster zusammenschlossen. Mit der Ausbildung von Zilien nach drei Tagen waren diese nun in der Lage, sich in der Lösung fortzubewegen. Den so entstandenen Xenobots wurden nun lose Stammzellen hinzugefügt, die von ihnen daraufhin in kleine Zellhaufen gekehrt wurden. Aus diesen Zellhaufen entstanden neue, schwimmende Roboter, die ebenfalls zur Reproduktion fähig waren.
Diese Art von Fortpflanzung wurde von den Wissenschaftlern zufällig beobachtet und nicht willentlich erzeugt. Sie untersuchten danach jedoch mithilfe des Computers, welche Bedingungen diesen Prozess am besten unterstützen. Dabei wurden zwei Bereiche untersucht: Einerseits externe Faktoren wie Temperatur und Zusammensetzung der Salzlösung, andererseits die spezifische Form des Xenobots. Der Computer untersuchte insgesamt 6000 mögliche Formen und kam zu dem Schluss: Die zur Reproduktion am besten geeignete Form ähnelt einem Torus mit einem offenem Mund, ähnlich einem Pac-Man. Unter den bestmöglichen Bedingungen ist es ihnen gelungen, die Reproduktion fünf Generationen lang aufrecht zu erhalten.